Sternchen im Showhimmel
Von Angela Meißner


Zum Tag der offenen Tür schnupperten am 30. April in Berlin Mitte in D's Tanzschule die Stars von morgen. Viele erhoffen sich von Detlef D. Soost als Talent erkannt und berühmt gemacht zu werden.

Zu hundert strömen junge Mädchen in Jörn's Palace, die Schlanken, die Kräftigen, die Kleinen und die etwas Größeren. Jörn's Palace ist heute der Tanzsaal, der über zweihundert Füße aushalten muss. Heute ist »D!'s Dance Day, die Party«, eine Art Tag der offenen Tür in Detlefs D. Soost's Tanzstudio. Hier verspricht man »Tanzen wie die Stars«.

Acht Takte, für jeden eine dynamische Schrittfolge, kraftvolle Armbewegungen oder eine Drehung. Dann kurze Pause. Detlef, den alle nur »D!« nennen, wischt sich den Schweiß von der Stirn. Was er sagt, kann man als Zuschauer nicht hören. Die Tür ist geschlossen, nur Tänzer und die, die es werden wollen hat Soost in den Raum gelassen.

Eine ruft: »Ist meine Tochter noch drin?« - »Ja«, meint jemand und kurz darauf reißt die 9-Jährige die Tür auf. »Mama, hab ich das gut gemacht?«, fragt sie und verschwindet wieder in der tanzenden Menge.

»Warum soll man den Kindern den Spaß nicht geben. Man will doch, dass sie glücklich sind.« Die Frau lächelt zufrieden. Eng nebeneinander stehen die Girlies im Saal in rosafarbenen Shirts, strecken sich in die Höhe, um jedes einzelne Wort, jede kleine Bewegung des Meisters zu erhaschen und umzusetzen. Popstar, Profitänzer wollen sie werden, irgendwann.

Detlef D. Soost ist Meister im modernen Tanz, der schon einige Größen des deutschen Musikmarktes bekannt gemacht hat. Die No Angels, Bro Sis, Overground, Popstars, Sternchen im Musikhimmel. Nicht alle bleiben dort, verschwinden im Nirgendwo.

Talente auf dem Hinterhof

Schon zum sechsten Mal veranstaltet Soost in seiner Tanzschule an der Jannowitzbrücke in Berlin den Tag der offenen Tür, an dem alle Nachwuchstalente und Tanzbegeisterte in die Kurse schnuppern oder sich vom Programm auf dem Hinterhof inspirieren lassen. Der allerdings vermittelt ein eher schäbiges Ambiente. Zwischen Kfz-Prüfstelle und Pit-Stop liegen die Säle in einem Plattenbau. Dazwischen steht eine kleine Bühne auf der singt UC »I am a beautiful girl and a sexy woman.« UC steht für Ulrike Czekay. Die 20-Jährige nimmt seit drei Jahren Gesangsunterricht, tanzt bei Soost und möchte Songwriterin werden. »Platte deutsche Texte« finde sie furchtbar. Deshalb schreibe sie kritische Songs über kleine Alltagssorgen in Englisch, Französisch oder Deutsch. Sie stört es, wenn jemand in der Bahn angerempelt wird. »Diese Ignoranz!«, schimpft sie eher beiläufig.

In D's Tanzschule lernen rund 400 Mädchen und ein paar Jungen Street Dance, Hip Hop und Latin Dance. »Natürlich kommt der größte Teil mit dem Anspruch hierher, Star zu werden. Aber D. möchte, dass die Mädels auch am Boden bleiben«, weiß Center-Managerin Cornelia Ansorge. Die 36-Jährige war selbst Showtänzerin in der DDR und organisiert jetzt die Tanzschule. Sie hat auch die Aufgabe den Mädchen klar zu machen, dass Kurse beim Meister nur für wahre Talente möglich sind. Andere Trainer geben für weniger Begabte dann auch Anfängerkurse.

Elan, Power und Energie

Draußen auf dem schmuddeligen Hof brutzeln die ersten Würstchen, es duftet nach Sommer und auf der Bühne tanzen jetzt Caro und Sarah, 17 und 16 Jahre alt. Frech und sexy sind ihre flotten Bewegungen. Selbst nach dem dritten Lied wirken sie seltsam erholt und energiegeladen. Kein Wunder, schließlich haben sie ein großes Ziel vor Augen: Ihr Hobby zum Beruf machen. Sarah hat schon bei Top of the Pops, the Dome und der Bravo Super Show getanzt. »Und ich bin immer noch aufgeregt vor jedem Auftritt«, sagt sie. Für ihren Traum trainiert die Blondhaarige neben der Schule viermal in der Woche. Lächelnd streift sie sich eine Locke aus dem braun gebrannten Gesicht. In Jörn's Palace lächeln die jungen Damen immer noch. Sie haben schon eine erste kleine Choreografie einstudiert. Ein paar Bässe dröhnen aus dem Raum. Dann geht die Tür auf und die Schlanken, die Kräftigen, die Kleinen und die etwas Größeren strömen heraus. Dazwischen schiebt sich der Meister, schweißgebadet, mit hinaus aus der Tür und verschwindet im Nirgendwo.

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