Der Parkplatz-Tanz
Von Friederike Mehl


Bei D!'s Dance Day treffen pubertierende Staranwärter auf den Meister, Detlef D! Soost. Dessen Tanzschule profitiert ungemein von seiner TV-Präsenz und vor allem von den Teeny-Träumen seiner Schüler.

Coach Caro gibt letzte Anweisungen vor dem Auftritt. Die schwarzhaarige junge Frau greift den Mädchen an die Hüften und schiebt sie ein Stück vor, zur Seite und wieder zurück an die passende Stelle auf dem schwarzen Asphaltparkplatz gleich neben den Mülltonnen. Kompliziert anmutende Schrittfolgen werden durchgegangen. Den Mädchen steht die Röte im Gesicht, es spiegeln sich Anspannung und Vorfreude. Sie sei zumindest »ein bisschen aufgeregt« gab eine 14-jährige vorher noch zu, jetzt haften ihre Augen an der Tanzlehrerin – volle Konzentration. Mädchen wie sie gibt es viele hier bei dem Tag der offenen Tür in Detlef D! Soosts »Dance School«. Mädchen wie sie tragen enge Jeans und bunte Tops. Bei den meisten hängt der Maskara schwer von den Wimpern und ihre Haut erscheint für einen Tag im Frühling schon stark gebräunt.

Vorhin standen sie noch in kleinen Gruppen auf dem Platz neben dem Gebäude, zogen nervös an Zigaretten und beäugten skeptisch die ersten Besucher. Eine Aura der Distanz und Unnahbarkeit hängt an ihnen, wie die unechten Perlen und die Baumelohrringe. Die werden jedoch allesamt abgelegt für die kleine Bühne auf dem Parkplatz vor dem Studio. Sobald sie diese Bühne zu den brüllenden Bässen der ersten Takte ihres Liedes betreten, spürt man förmlich die Aufregung, die Vorsicht, nicht aus dem Takt zu kommen.

Bei den älteren Mädchen bleibt das Lächeln auch während des Auftritts erhalten, trotz der Anstrengung. Vor den Augen stolzer Eltern und Großeltern, vor der Clique die hinter der letzten Reihe lässig an die Garagentore des Pitstop-Shops gelehnt ist, den Freundinnen, die im Publikum jeden Schritt auf der Bühne verfolgen, mitunter sogar mittanzen und natürlich den Blicken des Chefs D! und seinem Stab von Coaches. Im Gegensatz zu den Kleinen, die zu den Klängen von »Moi Lolita« ihre Show abarbeiten scheinen sie sich der Anzüglichkeit ihrer über die Hüfen gleitenden Hände und »geshakten« Gliedmaßen durchaus bewusst. MTV-abgehärtet nimmt daran sowieso keiner Anstoß. Sie haben jedenfalls sichtlich Spaß an ihrer Laszivität.

Zeitgleich werden oben im Tanzstudio Schnupperstunden angeboten. »Tanzen wie die Stars« soll man hier lernen und das vielleicht sogar beim Meister persönlich, bei D!, der vom Werkzeugmacher zu einem der Markenzeichen der »Popstars«-Serie auf Pro7 aufstieg. Seine Popularität ist unübersehbar: Er tritt auf die Bühne, um die Moderation zu übernehmen und es wird gejubelt, ein kleines Blitzlicht-Gewitter folgt, die Menschen erfüllen bereitwillig seinen Wunsch nach mehr Stimmung. Als einige Auftritte später ein Probeunterricht unter seiner Leitung angekündigt wird, strömt plötzlich die Hälfte der Zuschauer auf den Eingang des Tanzstudios zu. Auch der Grundtenor unter den Schülern in D!'s Dance School gibt einen schnell zu verstehen, dass die Sendung »Popstars« der Tanzschule zu enormen Aufschwung verholfen hat. Eine 15-jährige formuliert treffsicher: »wenn schon tanzen, dann bei D!«. Der Mann, der im Fernsehen die Stars von morgen formt, scheint die perfekte Förderung zu sein. Egal ob die jungen Mädchen einfach tanzen lernen wollen oder »doch schon gerne Popstar werden«, wie die Mutter einer 8-jährigen den Traum ihrer Tochter formuliert. Ihr Kind war immerhin schon bei der Bravo Supershow dabei, tanzte für Schnappi und in Carmen Nebels Programm.

Auf menschlicher Ebene scheint das Konzept offensichtlich aufzugehen. Fotos an der Pinnwand neben der Damenumkleidekabine zeigen sechs kleine Mädchen im goldenen Kimono mit seligen Zahnspangenlächeln, zwischen ihnen Sarah Connor. Eine ehemalige Schülerin schaut vorbei. Zwar seien manche der Gleichaltrigen inzwischen etwas eingebildet, ein paar, die schon länger dabei sind. Aber sonst wären die Leute richtig nett, vor allem ein paar der Coaches. Besonders die charismatische Chefin Conny hat es ihr angetan.

Doch auch geschäftlich funktioniert es in der Tanzschule an der Jannowitzbrücke. Der Trubel um Soosts Person schlägt sich erfolgreich im Umsatz des Unternehmens nieder. Die Center-Managerin Cornelia »Conny« Ansorge, 36, spricht von schwarzen Zahlen ohne Beträge zu nennen, von den 200 Schulen, welche Training in ihrem Format anbieten und schließlich vom Werbefaktor Soost. Die Popularität des Detlef D! sieht sie jedoch kritisch und findet, dass D!'s Dance School »eigentlich eine normale Tanzschule« sei. Als solche solle sie gefördert werden, jenseits vom Image des Chefs, welches alles zu überblenden scheint. Denn was geschieht, wenn dessen Ruhm eines Tages verebbt? Als sie die Überraschung über so viel Offenheit spürt, gibt sie zu bedenken, dass auch ihr Arbeitsplatz von einem erfolgreichen Umgang mit dieser Problematik abhänge. Außerdem schätze der Chef Ehrlichkeit in seinem Team.

Die Marketingmaschine um D! läuft jedenfalls bis jetzt. Der Werbepartner T-Mobile ist omnipräsent mit Werbebannern auf dem Parkplatz und auf den T-Shirts der Tänzerinnen. Der Moderator auf der Bühne wird nicht müde in jeder Tanzpause die Sponsoren anzupreisen, spricht vom Gewinnspiel, von Handys, von Gutscheinen. Dazu gibt es Studio T-Shirts zu kaufen. »Ich bin der Burner« oder »Du bist der Burner« steht auf ihnen – für Insider unter Popstars-Fans. Schon beim Soundcheck von Joana Zimmer, D!'s neuem Zögling, fallen Sätze wie »die CD muss ich sofort kaufen«. Kurz nach fünfzehn Uhr singt sie, die Menge ist begeistert.

Eins steht am Ende fest: TV-Popularität und Tanzunterricht sind die zwei Standbeine, die D!'s Dance School so erfolgreich machen. Ob die Choreographie im Zweifelsfall auch nur mit letzterem weitergeht, ist hoffentlich einzig eine Frage des Trainings.

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