Ich bin ein Star, bring mich groß raus!

In der Tanzschule des »Popstar«-Choreographen Detlef »D!« Soost träumen viele Nachwuchstalente vom Erfolg. Doch auch ihr Trainer muss um Aufmerksamkeit kämpfen

Von Maike Jansen


Berlin-Mitte. Vierzig Minuten nachdem der »Dance Day« begonnen hat, schwitzt auch Detlef »D!« Soost. Kleine transparente Perlen haben sich auf seinem kahlen Schädel gebildet, die jetzt langsam über die Schläfen und den muskulösen Nacken des »Popstar«-Choreografen laufen. Noch hat Soost keinen einzigen Schritt getanzt, es ist der Stress, der ihm die Poren öffnet. Seinen magentafarbenen Baumwollpulli hat er gegen ein orangefarbenes Sweatshirt eingetauscht, er steht am Fenster vom Tanzsaal seiner Schule und versucht per Handy seine Center-Managerin Cornelia Ansorge zu erreichen. Sie soll den Live-Act verschieben damit Nachwuchsstar Joanna Zimmer nicht vor einem leeren Platz singen muss. Denn das Publikum, die tanzbegeisterten Teenager, sind jetzt in seine Probestunde gestürmt.

»I Believe«: Nachwuchsstar Joanna Zimmer

Es ist der Tag der offenen Tür in Dees Tanzschule, bis zu tausend Besucher werden erwartet. »Ein bisschen Angst habe ich schon«, sagt Ansorge. Seit zwei Jahren hält die 36-Jährige alle Organisationsfäden in der Hand. Mittlerweile sind sie und Soost ein eingespieltes Team: Während der Fernseh-Choreograph nach dem Ende von Popstars weiter durch die Medien tingelt, will sie die Tanzschule langsam unabhängiger machen von Soosts Popularität. Weit ist sie damit noch nicht gekommen: Noch ist »Dee« der Magnet für all diejenigen, die davon träumen, einmal ganz groß raus zukommen. »Hier aussteigen, jetzt einsteigen«, heißt es auf einem Banner neben dem Aufzug zur Tanzschule, auf dem auch Soosts Konterfei prangt.

Der Meister persönlich: D! heizt dem Publikum ein

Er ist das Aushängeschild der Schule. Doch wie lange geht dieses Konzept noch auf? »Alles hat ein Ende nur der Soost hat zwei«, haben Brooklyn Bounce sinnig auf ein Plakat im Eingangsbereich der Tanzschule geschrieben. Welche beiden Ausgänge möglich sind, weiß Ansorge genau. Auf die Frage, ob das nächste Jahr besser werde als das letzte, zögert sie zunächst. »Ja«, sagt sie dann. Natürlich.

»Daddy«, nennt die Popstarretorte Bro'sis ihren Tanzlehrer. Auch in seiner Tanzschule ist Soost eine Art Daddy, der Daddy des Erfolgs eben. So wäre auch der heutige Tag der offenen Tür - oder »Dance Day« wie sie ihn hier nennen - eine blasse Vorstellung, würde nicht der kantige Tänzer mit dem Fernsehgesicht zwischen den Besucherreihen hin und her laufen und sich dabei als entspannter und sympathischer Trainer präsentieren. Im Fernsehen hat er getriezt und gedrillt. »Die meisten kennen Dee nur so rau, wie er im Fernsehen auftritt«, weiß auch Ansorge. Das sei aber nur eine Schale, die er sich für das Fernsehen zugelegt habe. »Dee ist längst nicht so cool wie er tut, in Wirklichkeit ist er ein sensibler und harmoniebedürftiger Mensch.« Tänzer anschreien und rausschmeißen, das mache Soost hier nicht, sagt Ansorge.

Nachwuchstänzer auf den Spuren ihrer Stars

Es scheint wirklich ein bisschen, als hätte der Fernseh-Soost am heutigen morgen eine ganze Packung Kreide verspeist: Bei der überfüllten Schnupperstunde bittet er die am Rand stehenden Zuschauer freundlich, den Saal zu verlassen. Er sagt Sätze, wie »Sorry, aber ihr seht ja was hier los ist«, und »Bitte, jetzt alle die nur Zuschauen wollen mal rausgehen.« - »Bitte«, »Sorry«: Begriffe, bei denen seine Popstarschüler vermutlich erschrocken aufgeschaut hätten, so ungewohnt klingen sie von den Lippen des strengen Meisters.

Auf der Rückwand der Showbühne im Hof ist ein Bild von Soost angebracht, das ihn mit bösem Blick und dicken Muskeln im Armeedress zeigt. Auf der Bühne selbst hat ein anderer Soost seinen Auftritt, dort lächelt der Choreograph und reißt flapsige Witze. Wer ist er denn nun, der echte Detlef Soost? Förderer oder Tyrann, Choleriker oder Sunnyboy? Die »Fernsehschale«, wie Ansorge Soosts Verhalten vor der Kamera gern beschreibt, hat wohl bewirkt, dass sein Name in den Köpfen der Zuschauer hängen blieb. Aber sichert es auch auf Dauer zu, dass junge Mädchen in Scharen zur Schule an der Janowitzbrücke strömen, um sich von dem Choreografen das Tanzen beibringen zu lassen? Mit rund tausend Gästen hatte Ansorge gerechnet, eine Erwartung, die selbst gut gewollte Schätzungen nicht bestätigen können.

Besucher kamen weniger zahlreich als erwartet

»D!s ist deine Chance«, lautet ein wortspielreicher Slogan der Tanzschule. Vielleicht war sie das auch, die Chance des Detlef »D!« Soost und es wird Zeit für einen neuen Vortänzer. Anwärter gibt es an der Janowitzbrücke schließlich genug.

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